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Nam June Paik
»Texte zu TV – Projekte für elektronisches Fernsehen«
Ich hoffe, ein Studio für elektronisches Farbfernsehen in New York eröffnen zu können, damit ich komplizierte technische Experimente beginnen kann wie die maximale Ausschöpfung der Schatten-Maske-Farbbildröhre, wie das eigene Programmieren des gesamten Videosignals durch Fernsehkameras und Bandgeräte (visuell und akustisch), wie die Kombination von elektronischer Musik und elektronischem TV und, falls möglich, wie das Kombinieren des TV mit Computern und selbsterfundenen 50-Kanal-Datenrecordern.
Im Zusammenhang mit diesen Experimenten plane ich, eine kompakte Version des elektronischen TV für Konzerte zu konstruieren, damit es einfach transportiert und an Hochschulen gezeigt werden kann.
Es wird einen noch nie dagewesenen erzieherischen Effekt haben, da es zwei Kulturen verbindet, sowohl künstlerisch als auch wissenschaftlich orientierten Leuten gefällt. Diese beiden Projekte, die das Experimentieren und die Bildung betreffen, sind auf eine dritte Stufe ausgerichtet – die Entwicklung eines Adapters mit Dutzenden von Möglichkeiten, die jeder in seinem eigenen Haus nutzen könnte, der sein Mehr an Freizeit dazu nutzt, seinen Fernsehapparat von einem passiven Zeitvertreib in etwas umzuwandeln, womit man kreativ tätig werden kann.
Flugblatt aus dem Jahre 1965 zur ersten öffentlichen Präsentation von Videobändern im New Yorker Cafe Au GoGo. Der Besuch des Papstes gehörte zu den ersten Motiven, die Paik aufnehmen konnte. Der letzte Satz nimmt bereits den Videosynthesizer vorweg. Paik schrieb diesen Text ursprünglich 1965 für die New School for Social Research, New York, zusammen mit Bill Wilson.
In: Kat. >em>Video ‘n’ Videology 1959–1973, Everson Museum of Art, Syracuse, New York, 1974, unpaginiert.
Aphorismen
Fernsehen ist ebenso Massenmedium wie Sex.
Vor Kinsey pflegte eine schöne Frau ihrem Nachbarn zuzuflüstern: »Mein Mann spielt nur ein Stück auf dem Klavier ... und immer mit einem Finger ...«. Kinsey löschte diese Frustration aus, machte aus der Orthodoxie eine Häresie. Fernsehkultur befindet sich in diesem Augenblick im vorkinseyanischen Stadium. Wie die Ehefrau (vorher) nur eine Sexmaschine für ihren Ehemann war, so ist das Publikum (gegenwärtig) nur der Pavlovsche Hund für die Sendeanstalten. Die grenzenlosen Möglichkeiten von Fernsehen wie: Zweiwege-Kommunikation, Zuschauerbeteiligung, »elektronische Demokratie durch sofortiges Referendum« (John Cage) ... werden weitgehend ignoriert oder pikanterweise unterdrückt.
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Teppich von Wand zu Wand ... 1940.
Fernsehen von Wand zu Wand ... 1970.
Durch Laser-TV und starre Flachbild-»Röhre«.
Fernsehen ohne ein Gehäuse ist nicht länger Fernsehen, sondern ein »video-environment«.
Quelle: Aphorismen aus einem Essay für den Katalog The Machine as Seen at the End of the Mechanical Age, Museum of Modern Art, New York, 1968, deutsch in: Nam June Paik, Niederschriften eines Kulturnomaden, Edith Decker (Hg.), Köln, 1992, S. 88 und S. 113.