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eines anomischen Archivs übrigens scharf vom ›melancholischen Archiv‹ im Werk von Bernd und Hilla Becher [44] ). Nach seiner Flucht fand sich der Künstler in einer Kultur wieder, die durch einen beschleunigten und erweiterten Produktionsapparat zur Weckung künstlicher Bedürfnisse und damit durch eine Masse vor allem von Werbefotografien drohte (und durchaus beabsichtigte), die traumatischen Spuren des Zweiten Weltkriegs und der – von Richter ja ganz konkret erlebten – deutschen Teilung zu verdrängen.

So ist der Aufbau von Richters »Atlas« nur konsequent: Kontrastiert man etwa die ersten mit folgenden Tafeln, so wird deutlich, dass die langsame Durchsetzung der Familien- mit Werbefotos die Spannung zwischen der öffentlichen Identitätskonstruktion durch die Medienkultur und der privaten Identitätskonstruktion durch das Familienfoto aufzeigt. Diese »Archäologie [im Sinne einer De-Sedimentation des Archivs, J. S.] pikturaler und fotografischer Register […], die ihr jeweils eigenes psychisches Reaktionsmuster« [45] hervorrufen, führt im »Atlas« schließlich zu einem Aufsprengen der »inhaltsleeren Flut von Fotografien und der

 

universellen Produktion des Zeichentauschwerts« [46] . Die Tafel 18 (Atlas. Tafel 18) zeigt entsetzliche Bilder aus nationalsozialistischen Konzentrationslagern: Das private Bildarchiv – das Familienalbum – wird von jenem der Geschichte punktiert (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Arbeit »Album de photos de la famille D., 1939- 1964« von Christian Boltanski).

Die Digitalisierung des Archivs

Von der Bildtelegrafie zum berechenbaren Bild

Das fotografische Archiv ist von Anfang an mit Belangen der Übertragung verbunden. Schon Holmes schrieb: Es »muß ein leistungsfähiges Austauschsystem eingerichtet werden, das zur Folge hat, daß so etwas wie ein allgemeiner Umlauf dieser Banknoten oder Wechsel auf feste Materie entsteht, welche die Sonne für die große Bank der Natur gedruckt hat.« [47] Die ›Banknoten‹ sind eben jene fotografisch abgelösten Formen der Objekte, die in der ›großen Bank der Natur‹, dem universellen Archiv, aufbewahrt werden. Der bezeichnende Vergleich der Fotografie mit dem einen und einzigen zirkulativen Medium des

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