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Themenicon: navigation pathCyborg Bodiesicon: navigation pathWiderspenstige Körper
 
Host (Lucas, Kristin), 1997
 
 
 

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wenig Liebe gibt.

Lucas’ Protagonistin ist eine Superheldin und anerkannte Spezialistin, die sich durch Unauffälligkeit zu decken sucht. Sie verkörpert und pervertiert am eigenen Leib die Ideologien und Zustände unserer Zeit: »I’m my own sub-subculture«. Authentizität wird durch ständige Geräusche und Piepstöne oder durch Bildstörungen – Ersetzen ihres Bildes durch aufgezeichnetes Videomaterial – suggeriert, aber es ist gleichzeitig klar, dass »Involuntary Reception« die artifizielle (Low-Tech-) Performance einer fiktiven Figur ist. Denn von ihren Fähigkeiten erfährt man eigentlich nur durch ihre Erzählungen, die stockend, manchmal verworren und höchst widersprüchlich sind. Manchmal ist man nicht einmal mehr sicher, ob es überhaupt sie ist, die spricht. Damit wird der Illusionscharakter des Videos hergestellt, aber fast gegenläufig auch dessen Wahrheitsanspruch relativiert. Mythisch mutet ihre Herkunft an, über die dunkel gemunkelt werde, wie sie erzählt, und über die sie selbst nur soviel sagen könne, als dass immer eine grosse Liebe war zwischen ihr und ihren Eltern, die vermutlich eher nicht die leiblichen sind. Ähnlich wie die bisher diskutierten Figuren hat

 

auch diese keine weltverbesserische Botschaft. Ihre Widerspenstigkeit resultiert allein aus ihrem Nicht-anders-Können, aus ihrem So-Sein, das mit der Umwelt permanent kollidiert – mithin aus ihrer ›biologischen Determiniertheit‹. Dieser Biologismus ist aber durch ihr cyborgartiges Wesen, das längst schon jede Natürlichkeit eingebüsst hat, ironisch gebrochen. Die Gefahr, die ihr Körper für die Umwelt darstellt, besteht darin, dass es zu einer Art Verdoppelung und Verstärkung technoider Effekte kommt, die so nicht mehr tragbar scheinen, weil sie unkontrolliert und unkontrollierbar sind und weil sie von einem außerhalb der dominanten Machtdispositive stehenden Individuum ausgehen.

Auch im bereits im Jahre 1997 entstandenen Video »Host« positioniert sich Lucas an der Stelle des Symptoms, da, wo ein realer Körper nur noch Ströme von Daten und Informationen ist. Doch während sie in der neueren Arbeit Momente ironischer Selbstermächtigung und Widerspenstigkeit einbaute, zeigt »Host« die traumatischen Erfahrungen einer neuartigen Form von Machtlosigkeit und Isolation innerhalb einer vernetzten Kommunikationsgesellschaft.

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