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Imaginary Landscape No. 1 (Cage, John), 1939Williams Mix (Cage, John), 1952Exposition of Music – Electronic Television (Paik, Nam June), 1963
 
Random Access Music; Exposition of Music – Electronic Television (Paik, Nam June), 1963Schallplatten-Schaschlik; Exposition of Music – Electronic Television (Paik, Nam June)
 

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Zufallsprinzipien

John Cage wandte schon 1939 in »Imaginary Landscape No. 1« ähnliche Techniken wie Pierre Schaeffer an, verwendete aber Testschallplatten mit Sinustönen, blieb also beim ›musikalischen Ton‹. Dabei hatte er bereits 1937 in seinem manifestartigen Text »Die Zukunft der Musik – Credo« vorausgesagt, dass die Verwendung von Geräuschen und eine vollständige Kontrolle der Obertonstruktur aller Klänge mit Hilfe von Audiotechnologien die Musik der Zukunft prägen würde.[22] 1952 ging Cage davon aus, dass jeglicher Klang und jedes Geräusch aus sich heraus musikalisch wären, und manifestierte das in seiner ersten Tonbandkomposition »Williams Mix«. Vorteil der Tonbandtechnik war für ihn, dass man in die Mikrozeit des Klangs eindringen und hohe Komplexität erzeugen kann. »Das Faszinierende an den Möglichkeiten des Tonbands war, dass eine Sekunde, die wir immer als eine sehr kurze Zeitspanne empfunden hatten, 38 cm lang wurde.«[23] In einer fast fünfhundertseitigen, nach Zufallsprinzipien erstellten Partiturist die Schnittweise des Bandes wie bei einem Schnittmuster grafisch dargestellt. Die Partitur gibt vor, welcher von sechs Klangtypen in welcher Form und welcher Dauer montiert werden soll. In einem Fall musste ein

 

Bandstück von einem Viertel Zoll Länge (also einer sechzigstel Sekunde) aus 1097 Tonabandpartikel montiert werden. Cage verwendet Technologie, um durch deren Spezifika bei der Transformation einer Idee in klingende Realität zu unkonventionellen Strukturen zu finden.

Der Fluxus-Künstler Nam June Paik erweiterte 1963 Cages Zufallsprinzip der »Unbestimmtheit«[24], indem er auf seiner »Exposition of Music – Electronic Television« Schaeffers Techniken in eine Installationssituation stellte. »In den meisten indeterministischen Musikstücken räumt der Komponist die Möglichkeit der Willensentscheidung oder der Freiheit dem Interpreten, nicht aber dem Publikum ein.«[25] Paiks »Random Access« zum Beispiel ermöglichte mit einem frei beweglichen Tonkopf das Abhören an die Wand geklebter Tonbänder. Beim »Schallplattenschaschlik« konnten die Besucher mit der Nadel des Tonabnehmers auf gleichzeitig drehende Platten zugreifen. Paiks Skulpturen wirkten erfrischend widersprüchlich, weil sie in grobem bastlerischem Stil aus profanen Consumer-Medien hergestellt waren und ihre interaktive Bedienung der Einweg-Kommunikation der Massenmedien so offensichtlich entgegen stand.

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