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Medien → Kunst / Kunst → Medien.
Vorformen der Medienkunst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Dieter Daniels
 
 
 
 
 

 

Medien ersetzen Kunst – Kunst reagiert auf Medien

Im Laufe der letzten 150 Jahre besetzen die audiovisuellen Medien (Foto, Film, Radio, TV, Multimedia) stückweise ein Gebiet der menschlichen Wahrnehmung, das zuvorausschließlich den klassischen Künsten und ihren verschiedenen Gattungen (Malerei, Musik, Theater) reserviert war. Die Erfindung der Fotografie im Jahr 1839 und ihre blitzartige, massenhafte Verbreitung, nochmals verstärkt durch neue Drucktechniken in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der schnelle Aufstieg des Films zu einer weltweit breitenwirksamen Industrie am Beginn des 20. Jahrhunderts und die fast explosionsartige Dynamik der Entstehung des Radios in den 1920er Jahren – all dies lässt schon erkennen, welche Macht diese Distributions- und Produktionsinstrumente haben. Ab den 1960er Jahren wird dann das Fernsehen zu dem Massenmedium, durch welches dieser Begriff seine Prägung erhält. Erst seit den 1990er Jahren erhält es Konkurrenz durch das Internet und die damit verbundenen Multimediaplattformen.

Jede der audiovisuellen Medientechniken stellt neue ästhetische Fragen. Die gilt in doppelter Hinsicht: Erstens medienimmanent, das heißt, welche Darstellungsformen ermöglicht und erfordert das

 

Medium (zum Beispiel verschiedene Formen der Montage in Foto, Film und digitalen Bildmedien), zweitens im gesamtkulturellen Kontext, das heißt, welchen Bezug hat es zu bestehenden Medien und Kunstformen. Schon bei der Erfindung der Fotografie wird der Tod der Malerei proklamiert, dies wiederholt sich beim Fernsehen in Bezug auf den Film, dennoch wird bis heute gemalt und gefilmt. Doch die schon etablierten Kunst- und Medienformen reagieren auf die nachfolgenden Entwicklungen: Spätestens seit dem Impressionismus, aber ebenso im Kubismus und Surrealismus, zeigt die Malerei gerade jene physiologischen und psychologischen Aspekte, welche der Fotografie entgehen. Gegenüber der stückhaften und vielstimmigen Informationsmasse des Fernsehens betont das Kino die geschlossene, emotional bindende Geschichte. Und gegen die Perfektion der industriellen Bilder setzen die künstlerischen Videos und Performances die Bruchstellen und Störungen einer neuen Authentizität. Avantgarde und Mainstream stehen also sowohl in medientechnischer wie ästhetischer Hinsicht seit Beginn der Moderne in einer intensiven Wechselbeziehung. Die radikale Konsequenz hieraus lautet: »Alle moderne Kunst ist Medienkunst.«[1]

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