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Concetto spaziale (Fontana, Lucio), 1949
 
 
 

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Utopisch-emphatische Strategie: Lucio Fontana und das Fernsehen

Die Einführung des Fernsehens in Italien gibt Lucio Fontana 1952 die erste Gelegenheit zu einer Generalprobe für die künstlerische Nutzung des Mediums mit einer Sendung über den von ihm begründeten ›Spazialismo‹. Das aus diesem Anlass verfasste »Manifest des Spazialismus für das Fernsehen« begrüßt das neue Instrument mit ähnlicher Emphase wie die italienischen Futuristen 20 Jahre zuvor, jedoch ohne deren politische Ambitionen: »Wir Spazialisten strahlen zum ersten Mal in der Welt durch das Fernsehen unsere neuen Kunstformen aus […] Das Fernsehen ist ein von uns lange erwartetes künstlerisches Mittel, das unsere Konzeptionen integrieren wird. Wir freuen uns, dass dieses Manifest, das alle Bereiche der Kunst erneuern soll, vom italienischen Fernsehen gesendet wird. Es stimmt, dass die Kunst ewig ist, aber sie war immer an die Materie gebunden. Wir dagegen wollen sie von dieser Fessel befreien, wir wollen, dass sie – selbst bei einer einzigen Minute Sendezeit – im Weltraum tausend Jahre lang dauern soll.«[14] Dem Manifest folgten jedoch keine weiteren künstlerischen Realisierungen, und weil diese

 

einzige Sendung der Spazialisten live übertragen wurde, gibt es leider keine Aufzeichnung. Ganz im Sinne des Manifests bleibt die Ewigkeit dieses ersten Fernseh-Kunstereignisses also zukünftigen Betrachtern vorbehalten, die in den Fernen des Weltraums dereinst die Reste dieser Ausstrahlung empfangen mögen. Fontanas Anspruch ist als Utopie angelegt, er geht wie die Futuristen aufs Ganze: die Umnutzung des Fernsehens zu einem Instrument in den Händen der Künstler. Schon 1948 hatte Fontana im zweiten Manifest des ›Spazialismo‹ angekündigt: »Durch Radio und Fernsehen werden wir künstlerische Ausdrucksformen von ganz neuer Art ausstrahlen.«[15] Diese künstlerische Durchdringung des Raumes hat er dann seit 1949 durch die Perforation von völlig weißen Bildern, unter dem Titel »concetto spaziale«, und später ab 1953 in Lichtinstallationen mit Neonröhren visualisiert. Vielleicht war eine solche total utopische Haltung nur in einem vom Fernsehen noch weitgehend unberührten Land wie Italien möglich, da sie alle Aspekte des realen Wettbewerbs um zukünftige Märkte des Massenmediums, wie er zu dieser Zeit in den USA bereits voll im Gange ist, völlig ausblendet.

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